|
Seit
2001 können die grafenwöhrer Mädchen sowohl bei uns
in der Mädchengruppe Pfadfinderin werden, als auch bei den
Waldläufern in der gemischten Gruppe. Es stellt sich zwangsläufig
die Frage, warum die Albatrosse sich nicht mit den Waldläufern
zusammen getan haben, sondern nach wie vor als eigenständige
Gruppe neben den Waldläufern existieren.
1979
hat Anita Hoffmann, die Frau des verstorbenen Stammesführers
der Waldläufer Horst Hoffmann, die Pfadfinderinnengruppe Albatros
gegründet. Dies geschah aus der Motivation heraus, ihrer Tochter
den Weg in die Pfadfinderbewegung zu ermöglichen. Die Gruppe
entstand damals bewußt als Mädchengruppe. Sowohl Anita
als auch Horst Hoffmann, die beide über eine Sozialpädagogische
Ausbildung verfügten, waren der Auffassung, daß keine
gemischte Gruppe entstehen sollte.
Bei
den Albatrossen entwickelte sich in den letzten 20 Jahren eine eigenständige
Pfadfinderinnenarbeit. Wir sehen darin nach wie vor große
Vorteile für die Mädchen.
Die Mehrzahl unserer Mitglieder hat sich 2001 gegen ein Zusammengehen
mit dem Stamm Waldläufer ausgesprochen, sie wollten ihre Gruppe
behalten, die ihnen offenbar etwas bedeutete.
Die
meisten Gruppen arbeiten heute koedukativ. Selbst in Gruppen wie
der Feuerwehr und den Ministranten hat sich das Prinzip der Koedukation
durchgesetzt. Dennoch gab es in den letzten zwei Jahren das Modellprojekt
FamTotal in unserem Landkreis um ein Augenmerk auf die Bedürfnisse
der heranwachsenden Mädchen zu lenken, die in den meisten Gruppen
eben doch nur mitmachen.
Mädchen und Jungen machen unterschiedliche Reifungsprozesse durch. Sie haben infolge dessen auch unterschiedliche Bedürfnisse. Damit will ich nicht sagen, dass Mädchen eben kochen sollen und Jungen toben, ganz im Gegenteil, die Mädchengruppe erzwingt die Auseinandersetzung mit allen Aspekten des Pfadfinderlebens, ohne feste Rollen vorzugeben. Wir müssen uns nicht rechtfertigen etwas zu tun, wir tut es. Wir haben keine Jungen, die ihre Stärke beweisen müssen und wir müssen auch nicht die Aufmerksamkeit der Jungen auf uns ziehen. Wir können wir selbst sein und über das ein- oder andere Thema offen sprechen, das wir in einer gemischten Gruppe nicht anschneiden würden.
Leiter von Jungengruppen haben mir gesagt, dass auch die Jungen davon profitieren, in einer Gruppe "sie selbst" sein zu dürfen, sie haben aber auch gesagt, dass sie den Eindruck haben, dass die Mädchen die Jungen weniger stören, als die Jungen die Mädchen.
Es gibt viele Gruppen, in denen Koedukation sinnvoll ist. Sportvereine haben aber nach wie vor Mädchen- und Jungenmannschaften, das kommt nicht von ungefähr. Mädchen haben eine eigene Leistungsfähigkeit. Das spielt auch bei pfadfinderischen Unternehmungen eine Rolle, bei denen die Jungen und Mädchen ihre Grenzen spielerisch entdecken sollen, oder bei denen Kraft und Ausdauer gefragt sind.
In
der internationalen Pfadfinderinnenbewegung hat sich in einigen
Ländern über 90 Jahre eine eigenständige Mädchenarbeit
entwickelt. Auf diese Modelle aus England und Amerika haben wir
unsere Mädchenarbeit aufgebaut und mit den deutschen Traditionen
gemischt. Heraus gekommen ist ein vielseitiges Angebot an Mädchen,
die Lust haben ihre eigenen Entscheidungen zu fällen und die
ihre Gruppe nach eigenen Maßstäben mitgestalten wollen.
Wir können von Fall zu Fall mit Jungengruppen zusammenarbeiten,
aber wir müssen es nicht.
Wir sind viel draussen, lernen Knoten, Kompasskunde, Kartenlesen,
Feuer machen und auch die Feuerschutzbestimmungen und vieles mehr,
was die klassische Pfadfinderarbeit ausmacht. Wir sind nicht Pfadfinder
light für die, die nicht mit den Jungen wollen, wir sind Pfadfinder
pur für die, die mehr wollen als das, was sie in der gemischten
Gruppe finden können.
Wir
sehen uns in dieser Haltung nicht als die ewig Gestrigen, sondern
als Vorreiter einer Jugendarbeit, in der je nach Gruppeninhalten
koedukative, aber auch Mädchen- und Jungengruppen ihren Platz
haben.
|